Kolumne Nachhaltigkeit
md Magazin
Interior | Design | Architekture
Ausgabe Mai/Juni 2025
Kolumne InteriorPark. auf Seite 10
Wie die Rückführung in der Kreislaufwirtschaft erfolgreich wird.
SO WIRD ES RUND
Warum das Ende eines Produkts der Anfang neuer Möglichkeiten in der Innenarchitektur sein kann. Lesen Sie mehr über Kreislaufstrategien und darüber, wie Hersteller die Lebenszyklen von Messeständen nachhaltig gestalten könnten.
Beim Besuch der einschlägigen Baumessen Anfang dieses Jahres, konnte man nur Staunen. Wer dachte die konventionellen Messekonzepte seien spätestens seit der Corona Pandemie nicht mehr zeitgemäß, wurde eines Besseren belehrt. Aufwändige Unternehmenspräsentationen entpuppten sich bei genauem Hinblick als Wegwerfinstallationen. Raumhohe Wände, Böden und Präsentationsmöbel als Abfall konzipiert. Die Materialschlachten waren bis auf einzelne Ausnahmen nicht zu übersehen. Laut Insidern wachsen die Müllberge nach Messeevents jährlich an, statt abzunehmen. Ansprüche wie resilientes, klimagerechtes Bauen oder ressourceneffiziente Materialnutzung stehen konventionellen Umsetzungen gegenüber. Da helfen auch passende Panels und Podiumsdiskussionen nicht weiter.
Es wundert schon, dass die präsentierten Produkte ganz andere Ansätze boten: war die Produktlandschaft gestern noch schleunigst auf Klimaneutralität getrimmt worden, sind die Neuheiten nun kreislauffähig. Viele dieser Produkte sind zwar für eine Kreislaufwirtschaft entwickelt worden, aber zu oft wurde nicht ganz im Kreis gedacht und so fehlen notwendige Rücknahmekonzepte.
KREISLAUFFÄHIG REICHT NICHT
Kreislauffähige Produkte für sich machen aber noch keinen großen Unterschied, sondern erst die Planung des Nutzungsendes und die systematische Rückführung des Produktes. Damit kreislauffähige Produkte nicht im Abfall landen, sollten sowohl Hersteller als auch Planende diesen wichtigen Bereich des Kreislaufes berücksichtigen.
Durch die kurzen Lebenszyklen machen gerade in der Innenarchitektur kreislauffähige Produkte und Konstruktionen besonders viel Sinn. Da die Wiedereinbringung in den Kreislauf in absehbarer Zeit erfolgt, bei Messeständen sogar der Auf- und Abbau in einer Hand liegen, kann diese gut von Anfang an mitgeplant werden. Wie steht es also um die End-of-Life-Szenarien der Messestände?
RÜCKFÜHRUNG BEREITS GENUTZTE BAUPRODUKTE
Um Hemmschwellen zur praktischen Umsetzung abzubauen, gibt es inzwischen ausreichend Literatur und Fortbildungsprogramme. Zum Beispiel wurde das kostenfrei zum Download stehende Dokument DIN SPEC 91484 erarbeitet, das den Handlungsrahmen für Rückbau und Wiedereinbringung bestehender Bauprodukte aufzeigt.
Dabei handelt es sich um eine Methode zur Erfassung von Bauprodukten, um deren Wiederverwendungspotential vor Abriss- oder Renovierungsarbeiten zu bewerten. Alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette erhalten einheitliche und detaillierte Informationen.
Das Verfahren dient als praktische Handhabung und ist in zwei Stufen unterteilt. In der ersten Stufe werden grundlegende Informationen erfasst, die als Vorbereitung für die zweite Stufe dienen, in der sie weiter vertieft und ergänzt werden, beispielsweise um Details zu Verbindungsarten. Die zusätzliche Erfassung weiterer Daten ermöglicht eine hochwertige Weiterverwendung.
Bei den Potentialen der Wiederverwendung bzw. Anschlussnutzung wird unterschieden, ob das Bauprodukt entweder in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten bleibt oder in seine Materialien zerlegt wird, um daraus ein neues Bauprodukt mit gleicher Qualität und Funktion herzustellen. Dazu werden die verwendeten Begriffe, Symbole und Abkürzungen anschaulich und verständlich erklärt. Sie helfen nicht nur beim Lesen, sondern auch für die differenzierte Kommunikation des komplexen Themas Kreislaufwirtschaft. Wiederverwendung, Weiterverwendung und Wiederverwertung klingen nur ähnlich, machen aber einen Unterschied.
Die vielzitierte Forderung eines Umdenkens in der Baubranche erfordert zunächst das Vorhandene wertzuschätzen und zu erhalten, d.h. vor dem Abriss zu bewahren und Weiterzubauen. So kann das resiliente System „Kreislauf“ entstehen, damit wir innerhalb der planetaren Grenzen unser Lebensumfeld erhalten. Wenn wir uns geschickt anstellen, wird unsere gestaltete und gebaute Umwelt als CO2-Speicher sogar Teil der Lösung.
Ressourcenbewusstes Gestalten und eine gelebte Kreislaufwirtschaft müssen wir eigentlich nicht neu erfinden. Eine gesunde Portion Demut, Reflexion und den Willen es besser zu machen, wären schon ein guter ein guter Anfang.