md Magazin
Interior | Design | Architecture
Ausgabe Mai / Juni 2021
Green Critics Kolumne InteriorPark. auf Seite 10-11
PREISDISKUSSIONEN VERSUS UMWELTBEWUSSTSEIN
WAS KOSTET DAS?
in der Nachhaltigkeitsdiskussion steht die Frage nach den Zusazukosten häufig vor der Frage nach dem Zusatznutzen. Über eine gefährliche Gewohnheit.
Wann ist das eigentlich passiert? Wann fingen wir an hauptsächlich vom Preis und selten von der Qualität zu reden? Können oder sollten wir uns billig überhaupt leisten? Werbesprüche wie „Geiz ist geil“ oder „ich bin doch nicht blöd“ klingen seit Jahren in unseren Ohren. Und damit klingeln auch die Kassen: mit Dingen, die billiger als möglich sind.
Und was sagt das über uns als Gesellschaft aus, wenn es immer nur um den Preis geht und immer seltener um die Qualität. Sind wir es uns nicht mehr wert uns gute Dinge zu leisten und dafür auch einen entsprechenden Preis zu zahlen? Richtig ist, dass der Verzicht auf Qualität kurz gedacht ist, denn irgendwo fällt er uns auf die Füße. Entweder in der Haltbarkeit, im Umgang mit der Natur und Umwelt oder aber auch für uns persönlich. Denn klar ist, dass irgendwer irgendwo irgendwie dafür bezahlen muss. Schon jetzt und in Zukunft noch mehr werden wir für billig sehr teuer bezahlen. Klimakrise, Verlust an Biodiversität, Vermüllung unseres Lebensraums können wir uns schlichtweg nicht leisten. Was kostet die Welt?
Vielleicht ist uns die Jagd nach dem vermeintlich Billigen auch einfach so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es zur Gewohnheit wurde. Aber Gewohnheiten können geändert werden. Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, an dem wir unsere Gewohnheiten sogar schnellstmöglich ändern müssen.
DEN PLANUNGSALLTAG HINTERFRAGEN
Die Auseinandersetzung mit dem Wesentlichen hat begonnen und ist nicht mehr zu stoppen. Die EU ruft den Green Deal aus und setzt damit erste Maßstäbe für die zukünftige Bauwirtschaft, die wesentlich an der Verursachung von Abfall und CO2 Ausstoß verantwortlich ist. Auch hier ist es längst an der Zeit umzudenken. Gewohnheiten in Frage zu stellen. Tatsächlich ist der Status Quo unseres Planungsalltags alles andere als sinnvoll und ist würdig hinterfragt zu werden. Dafür bedarf es aber Neugierde und Lust auf Neues – eigentlich Grundlage kreativen Schaffens. Auf der einen Seite ist der Ruf nach Innovationen gerade hierzulande schnell und laut, doch die Bedenken sind dann groß Neues auszutesten, Gewohntes über Bord zu werfen und damit den Weg in eine nachhaltige Zukunft zu ebnen.
Die Frage, ob nachhaltige Lösungen teurer sind als herkömmliche ist eine viel gestellte. Und ja, manchmal ist die Entscheidung für nachhaltige, natürliche, kreislauffähige Lösungen etwas kostspieliger. Sind es 5% oder doch 15 %? Betrachtet man die gesamte Lebensdauer und nicht die reinen Baukosten sieht die Rechnung schon ganz anders aus.
KREISLAUFFÄHIG DENKEN
Der Glaube an harte Fakten und Zahlen ist groß, aber was wird in die Bilanz rein- und rausgerechnet? Die Verlagerung der Kosten für teilweise toxische Abfälle auf die Gesellschaft hat enorme Auswirkungen. Wertvolle Rohstoffe werden verbaut, nach kurzer Lebensdauer abgerissen und auf den Müll geworfen. So haben wir es Jahrzehnte gemacht, so machen wir es noch, so können wir es jetzt und in Zukunft nicht mehr machen.
Kreislauffähig heißt, dass Produkte und Bauausführung so gestaltet sind, dass sie nach der Nutzung als gleichwertige Rohstoffe wiederverwertet werden. Entsprechend sind diese Produkte materialgesund und enthalten keine gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe. Für die Planung liegt die Logik auf der Hand: wir entscheiden uns für Produkte, die unser Wohlbefinden und damit unsere Gesundheit positiv beeinflussen. Der Preis kann dabei nicht oberste Priorität haben und trotzdem wird die Entscheidung neben ökologischen, klaren ökonomischen Regeln folgen, denn bei genauer Betrachtung zahlt sich Qualität oft aus.
Es sind elementar wichtige „soft facts“, die letztendlich den Unterschied machen. Nachhaltigkeit und damit auch Qualität ist nicht immer nur mit harten Zahlen und Fakten belegbar. Aber unser Empfinden und unsere Gefühle betrügen uns nicht. Diese positiven Aspekte sind für (Innen)Architekt*innen im Gespräch mit Bauleuten äußerst relevant und spiegeln ihre eigene Haltung und Überzeugung wider. Die Offenheit und das Umdenken werden mit einem Mehr an Lebensqualität belohnt.
Weil wir es uns wert sind!