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Interview

Januar / Februar 2013, Seite 45 – 47

  1. Wie entstand Ihre Idee, ein ganzheitliches Konzept für nachhaltiges Wohnen vom Möbelstück über Wohnaccessoires bis hin zur Architektur zu entwickeln?

Die Ideen entwickelte sich aus unseren Lebenswegen, meinem und dem meiner Geschäftspartnerin Andrea Herold. Ende der 80er Jahre habe ich als Möbelschreinerin angefangen mich für nachhaltige Materialien zu interessieren, die in hochwertigem Design umgesetzt werden. Später als Architektin habe ich die Entwicklung der Nachhaltigkeitsszene immer verfolgt, konnte diese aber leider nicht direkt beruflich anwenden. Da war es eine logische Konsequenz sich mit diesen Themen selbstständig zu machen. Praktischerweise kommt meine Geschäftspartnerin aus einem ganz anderen Bereich – als Vorstandsassistentin großer Unternehmen hatte sie Einblicke in Strukturen und deckt den organisatorischen Bereich ab. Wir ergänzen uns also bestens.

Das Netzwerk zu Designern aus ganz Europa hatten wir bereits über Jahre aufgebaut. Viele der innovativen Produkte sind in Designmuseen oder auf Messen weltweit zu bestaunen, aber nicht einfach zu kaufen. Das fanden wir schade und haben diesen Designern eine Plattform geschaffen ihre Produkte zu zeigen und die Geschichten hinter den Designs zu erzählen, um sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

  1. Wie würden Sie einen typischen Kunden Ihres Onlineshops bzw. Ihrer Agentur beschreiben? Welche sind seine typischen Wünsche oder Ansprüche?

Auf jeden Fall eine hohe Designaffinität und der Anspruch an hochwertige Qualität. Dazu kommt die Freude individuelle Produkte zu kaufen, die eine eigene Geschichte erzählen und dazu noch nachhaltig hergestellt sind. Das gleiche gilt für Agenturprojekte: Auch hier ist bei unseren Kunden ein hohes Maß an Bewusstsein vorhanden und der Wunsch nach ausgefallenen Konzepten und sehr guten Materialien.

Unternehmen beraten wir hinsichtlich nachhaltiger, gesunder Innenräume. Wir erstellen architektonische Konzepte, die die Philosophie des Unternehmens widerspiegeln. Wir stellen immer wieder fest, dass es beim Thema Nachhaltigkeit noch viel Aufklärung bedarf. Daher engagieren wir uns mit Veranstaltungen wie Workshops, Vortragsreihen und regen den dynamischen Austausch an, um die Entwicklung voranzutreiben. Wir unterstützen die Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und das Projekt „Bionikzentrum Hohenlohe“, das sich zur Zeit in Planung befindet.

  1. Welche Werkstoffe für Einrichtungsgegenstände und die Raumgestaltung sind aus Ihrer Sicht besonders interessant? Haben Sie persönliche Favoriten, z.B. Holz wegen Ihrer Erfahrungen als Möbelschreinerin?

Holz ist für mich nachwievor einer der wundervollsten Werkstoffe und fasziniert mich immer wieder auf’s Neue. Als nachwachsender Rohstoff hat er je nach Verarbeitung eine unvergleichliche Haptik, einen wunderbaren Duft und die Fähigkeit „zu atmen“. Die Eigenschaften von Lehm in der Architektur und von Filz im Innenraum sind auch so vielseitig, dass diese beiden Materialien klar zu meinen Favoriten zählen.

  1. Wann kann man ein Produkt aus Ihrer Sicht guten Gewissens als „nachhaltig“ bezeichnen?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil der Begriff „nachhaltig“ nicht nur inflationär verwendet wird, sondern oft völlig unterschiedlich definiert wird. Bei Produkten gibt es verschiedene Kriterien aus denen sich die Nachhaltigkeit zusammensetzt, beispielsweise die verwendeten Materialien, die Herstellung, der Transport usw. InteriorPark. hat deshalb eigene Eco Icons entwickelt, die transparent einzelne Kriterien darstellen und jedem Produkt zugeordnet sind. Zusätzlich zeigen die ausführlichen Produktbeschreibungen die nachhaltigen Hintergründe auf und erzählen die Geschichten, die dahinter stehen und die Produkte zu etwas Besonderem machen.

  1. Wodurch zeichnet sich in jeder Hinsicht gelungenes Wohndesign aus?

Wenn es die individuelle Persönlichkeit des Bewohner widerspiegelt und nicht nur einem momentanem Trend folgt. Hier spielen die Funktionalität, die Ästhetik und das Raumerlebnis eine entscheidende Rolle.

  1. Gibt es grundsätzliche Punkte oder Kriterien, an denen man sich bei der Gestaltung seines Zuhauses orientieren sollte?

Die Bedürfnisse und Anforderungen der Bewohner stehen natürlich im Vordergrund. Ein Single hat sicherlich ganz andere Wünsche, als eine Familie mit Kindern, deren Tagesablauf völlig anders getaktet ist.

Wir alle nehmen Räume nicht nur visuell, sondern auch mit allen anderen Sinnen wahr. Dabei handelt es sich um mehr als einzelne Elemente in einem Raum zu platzieren. Räume definieren sich durch Wände, Decke und Böden und Licht. Die Wahl der Materialien mit deren Strukturen, Farben, Akustik und Licht erzeugen Stimmungen, die direkt auf uns einwirken. Gelungene Räume inspirieren uns, sie regen uns an oder lassen uns zur Ruhe kommen.

  1. Welche sind die häufigsten Fehler bei der Innenraumgestaltung und bei der Wahl von Möbeln und Wohnaccessoires?

Der Preis spielt leider immer noch eine zu dominante Rolle. Es werden kurzlebige Produkte erworben, die dann früher oder später nicht mehr „trendy“ sind und entsorgt werden. In Deutschland verschrotten wir jährlich etwa 7 Mio Tonnen Möbel, die größtenteils noch brauchbar wären. Möbel und Wohnaccessoires sollten aber keine Wegwerfprodukte sein, sondern Ausdruck unseres Lebensstils. Durch die immer schneller entwickelten Produkte leidet auch die Qualität des Designs. Minderwertige Materialien, die mitunter gesundheitsschädliche Substanzen ausdünsten, werden verarbeitet. Wir haben in unserem Büro Sessel von Dieter Rams aus den 60er Jahren stehen. Weil sie damals schon sehr teuer waren, wurden sie entsprechend gepflegt und das Design ist nach wie vor zeitlos.

  1. Welche neuen alternativen Materialien für Möbel und Raumgestaltung sind besonders vielversprechend?

Ich bin sehr gespannt was sich in nächster Zeit im Bereich biobasierter Kunststoffe entwickelt. Mit dem Hintergrund, dass unsere Ressourcen endlich sind und einige immer teurer werden, bietet die Forschung hier völlig neue Perspektiven. Diese müssen aber von Designern aufgegriffen und umgesetzt werden. Was nicht nur formal nicht ganz einfach ist, sondern weil da auch zwei Welten aufeinanderprallen. Deshalb unterstützen wir die Landesgesellschaft Baden-Württemberg und bieten die Schnittstelle zwischen Forschern, Herstellern und Designern. Die bisherigen Fortschritte sind sehr vielversprechend und wir sind guter Dinge, dass Anfang nächsten Jahres der erste Stuhl mit biobasierten Elementen auf der imm Cologne präsentiert wird.

  1. Welche Trends beobachten Sie derzeit bei der Inneneinrichtung?

Modernes Design muss heute ansprechend, funktional und ökologisch unbedenklich sein. Die sinnliche Erfahrung bei der Gestaltung des persönlichen Umfeldes spiegelt die Emotionalität und Leidenschaft der Bewohner wider. Die Freude an gutem Design wird durch die bewusste Entscheidung für eine nachhaltige Lebensweise bereichert. Ein Blick über die Jahrzehnte macht deutlich, wie Zeitgeschmack, Mode, Geschichte und technische Neuerungen den Wohnstil beeinflussen, der ja immer auch Ausdruck der gesellschaftspolitischen Umstände ist. Jahrelang ging der Trend im Innenbereich zum Einsatz von harten Materialien wie Beton, Stein und Glas. Nun wird die Ästhetik von weichen, natürlichen Materialien wieder entdeckt.

  1. Welches war Ihr bisher anspruchsvollstes Projekt zur Wohnraumgestaltung? Worin bestand hier die besondere Herausforderung?

Ein Dachausbau im denkmalgeschützten Altbau. Es war so gut wie nichts vorhanden, weder Strom, noch Gas oder sonstige Installationen. Das Dach war nicht gedämmt und es gab keine Fenster, sondern nur kleine Luken. Der Entwurf über zwei Ebenen sollte verschiedene Funktionen erfüllen, den alten Charakter zeigen, offen und luftig wirken. Der Wohlfühlfaktor spielte eine große Rolle. Das alles sollte mit einem sehr begrenzten Budget realisiert werden, was nur durch gute Planung, eine Menge Erfahrung und nicht selten durch Improvisation möglich war. Am Ende hat die Atmosphäre der einzelnen Räume und die unterschiedlichen Raumwirkungen alle begeistert.